Historie der FREIE WÄHLER Landesvereinigung Baden-Württemberg

… unsere Wurzeln

Entstehungsgeschichte der Freien Wähler

Nach dem Zweiten Weltkrieg schlossen sich auf kommunaler Ebene parteiunabhängige Bürger verstärkt zu Wählergemeinschaften zusammen und konstituierten neben losen temporären Wahlbündnissen auch erste Freie Wähler Ortsverbände.[1]

In den 1950er Jahren gründeten sich Landesverbände kommunaler freier Wählergruppen, darunter auch 1956 der Freie Wähler Landesverband Baden-Württemberg e.V.

Armin Grein, Bundesvorsitzender und Mitbegründer der FREIEN WÄHLER
Armin Grein, ehemaliger Bundesvorsitzender FREIE WÄHLER
Bildrechte FREIE WÄHLER Bayern

Die einzelnen Länderorganisationen schlossen sich in einer übergeordneten bundesweiten Dachorganisation zusammen.[2] Dies läutete die Geburtsstunde des Bundesverband Freie Wähler Deutschland e.V. ein, der am 21. Februar 1965 in Frankfurt am Main gegründet wurde.[3] Dieser hat nach eigenen Angaben circa 280.000 Mitglieder.[4]

Hubert Aiwanger und Armin Grein 2019, FREIE WÄHLER
Hubert Aiwanger, Bundesvorsitzender und Armin Grein, ehemaliger Bundesvorsitzender

Getrennte Wege: Freie Wähler Landesverband Baden-Württemberg e.V. verlässt den Bundesverband

Auf der Bundesversammlung des Bundesverbandes am 24. Januar 2009 wurde über den Antrag einiger Mitglieder zur Gründung eines Wahlvereins, um an den anstehenden Europawahlen 2009 teilzunehmen, abgestimmt. Hierfür stellte der Bundesverband dem Wahlverein den Namen „FW Freie Wähler Deutschland“ zur Verfügung. Die Mehrheit der Mitglieder sprachen sich dafür aus, der Landesverband BW dagegen.

Die Entscheidung für den Wahlverein, dessen Gründung noch am selben Tag stattfand sowie die Erlaubnis durch die Bundesversammlung, dass dieser Wahlverein den Namen Freie Wähler führen darf, nahm das Präsidium des Landesverbandes BW am 31. Januar 2009 in seiner Sitzung zum Anlass einstimmig den Austritt aus dem Bundesverband zu beschließen. Gedacht als klare Abgrenzung, schloss das Präsidium damit gleichzeitig auch Wahlen oberhalb der kommunalen Ebene mit aus.[5]

Bundesvereinigung FREIE WÄHLER wird 2010 in Berlin gegründet

Trotz des Protests und dem daraus folgenden Austritt des Landesverbands BW aus dem Bundesverband ging aus dem Wahlverein FW Freie Wähler Deutschland am 20. Februar 2010 in Berlin die „Bundesvereinigung FREIE WÄHLER“ hervor[6], eine Partei im Sinne des Parteiengesetzes.[7]

Bundesvorsitzender der Bundesvereinigung ist der stellv. bayrische Ministerpräsident Hubert Aiwanger[8], der seit 2010 gleichzeitig auch der Bundesvorsitzende des Bundesverbands ist.[9]

Hubert Aiwanger, Bundesvorsitzender der FREIE WÄHLER, Staatsminister Bayern
Hubert Aiwanger, Bundesvorsitzender FREIE WÄHLER

In Baden-Württemberg gründet sich eine Parteiuntergliederung zur Bundesvereinigung

Rund drei Monate später, am 21. Mai 2010 wurde in Rottweil dann die „FREIE WÄHLER Landesvereinigung Baden-Württemberg“, als Parteiuntergliederung der Bundesvereinigung gegründet.[10] Sie entstand aus einer Initiative mehrerer Bürgermeister und Kreisvorsitzender, welche durch die Parteigründung nicht mehr länger der besonderen Absprache zwischen dem Landesverband BW und der CDU folgen wollten, dem „Gentlemen-agreement“, dass die Freien Wähler auf Landesebene nicht gegen die CDU antreten.[11]

Die Gründungsmitglieder setzen sich zum Ziel „die Masse der Nichtwähler wieder zur Mitgestaltung unserer Gesellschaft zu motivieren“, weil es die etablierten Parteien nicht mehr schaffen.[12] Erster Landesvorsitzender der Landesvereinigung war der frühere Bürgermeister von Kehl, Ulrich Mentz.[13]

Bei der Gründung der Landesvereinigung ging es um eine strikte Wahrung des Konnexitätsprinzip im Sinne von „wer bestellt, muss auch bezahlen“. Die steigenden Aufgabenzuweisungen an die Gemeinden durch Bund und Länder zum Beispiel in der Bildungspolitik sollten auch von dort bezahlt werden. Außerdem wollte man sich für mehr Bürgerbeteiligung einsetzen.[14]

Weshalb sich die Freien Wähler den Namen teilen

Der ausgetretene und protestierende Landesverband BW strengte eine Namensschutzklage gegen die Bundesvereinigung an, weil diese den Begriff „Freie Wähler“ ebenfalls als Bestandteil ihres Namen verwendet. Der Landesverband BW wollte jedoch den Namen Freie Wähler exklusiv für sich allein beanspruchen.[15]

Das Landgericht Nürnberg-Fürth, welches aufgrund des nordbayerischen Sitzes der Bundesgeschäftsstelle der FREIEN WÄHLER für zuständig erklärt worden war, wies am 10. November 2010 die Klage ab. Der Vorsitzende der 3. Zivilkammer, Horst Rottmann, verzichtet bei der Klageabweisung auf eine erneute Begründung. Er wies darauf hin, dass er seine Rechtsauffassung schon bei der Verhandlung Mitte Oktober vertreten hatte, als das Gericht dem klagenden Vertreter des baden-württembergischen Landesverbands mitteilte, dass das Parteienprivileg nicht für kommunalpolitisch ausgerichtete Vereinigungen gelte und somit der Freie Wähler Landesverband Baden-Württemberg e.V. keinen Namensschutz besitze. Der Kammervorsitzende stellte hierzu fest: „Sie sind damit zu einer Koexistenz mit der Landesvereinigung Freie Wähler Baden-Württemberg verpflichtet.“ [16]

Freie Wähler Landesverband Baden-Württemberg e.V.: Konfliktbeladenes Verhältnis zur Landesvereinigung

Seit das Urteil ergangen ist, schwelt in Baden-Württemberg, der immer wieder aufflackernde Konflikt zwischen dem Landesverband BW und der Landesvereinigung. Und dies, obwohl sich das Engagement der FREIE WÄHLER Partei bisher ausschließlich auf Landes-, Bundes- und Europaebene gerichtet hat. Das spiegelt sich auch im politischen Agieren der Parteimitglieder wider, welche im Grunde nicht in Konkurrenz zu den kommunal und lokal organisierten Freien Wählern antreten wollen.

Seit der Gründung der Landesvereinigung setzt diese auf Kooperation und ein friedvolles Nebeneinander. Hierzu hat sie in den vergangenen Jahren immer wieder aktiv die Annäherung gesucht und dabei Gespräche mit unabhängigen Freien Wählergruppierungen sowie mit dem Landesverband BW geführt. Die Bemühungen jedoch, um eine friedliche Koexistenz, werden vom Landesverbands BW ignoriert bzw. nach wie vor abgelehnt.

Was gern vergessen wird

Bei der ganzen (Entstehungs-)Geschichte wird zudem verkannt, dass seit der Gründung der BRD Freie Wähler an Landtagswahlen teilnahmen, wenn auch selten und mit wenig Erfolg. Erst seit den 1990-er Jahren ist diesbezüglich ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen[17], der in Bayern seit 2008 [18] und Rheinland-Pfalz seit 2021 [19] zum erfolgreichen Einzug in die jeweiligen Landesparlamente geführt hat.

Ein weiterer Punkt, der aufgrund seiner Wichtigkeit in Bezug auf den schwelenden Konflikt nicht unerwähnt bleiben soll; in der Satzung des Landesverbands BW enthält der Verbandszweck (§ 2) zwar einen Passus, der sich gegen Parteien richtet,[20] jedoch gehört zu den Zielen des Verbands „die Beteiligung an der politischen Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger auf allen Ebenen […]“.[21] Entgegen anderslautenden öffentlichen Aussagen: Freie Wähler nehmen nicht an übergeordneten Wahlen teil, gibt dies nur die eindeutige Positionierung des Landesverband BW wieder.[22] Die Satzung redet explizit von einer politischen Beteiligung auf allen Ebenen, ein „kommunales Zölibat“ hat es somit nie gegeben.[23] 

Unsere Teilnahme an Wahlen und Ergebnisse

In Baden-Württemberg kam es gleich nach der Gründung der FREIE WÄHLER Landesvereinigung Baden-Württemberg nicht zur angedachten Teilnahme an der Landtagswahl 2011, da hierfür die Vorbereitungszeit zu knapp war.[24]

Am 22. September 2013 trat die Landesvereinigung erstmals in zu einer Bundestagswahl an. Dabei wurde ein Ergebnis von Erst- und Zweitstimmen von jeweils 0,6 % erreicht.[25]

Bei der Europawahl 2014 vereinigten die FREIEN WÄHLER in Baden-Württemberg auf Anhieb 2,3 % der Stimmen auf sich.[26]

Beim ersten Antritt der Landesvereinigung bei der Landtagswahl in 2016 erzielten sie in den drei besetzten Wahlkreisen 0,1% Stimmanteil.[27]

Zur Bundestagswahl 2017 trat die Landesvereinigung erneut an. Sie nominierten in 17 von 38 Wahlkreisen einen Direktkandidatin bzw. eine Direktkandidaten. Bei den Erststimmen konnten sie einen Stimmenanteil von 0,6 Prozent und bei den Zweitstimmen einen Stimmenanteil von 0,7 % erzielen.[28] [29]

Bei der Europawahl 2019 erzielten die FREIEN WÄHLER in Baden-Württemberg einen Stimmanteil von 3,2%, ein Plus im Vergleich zum Ergebnis zu 2014 von 0,9 Prozent.[30] Damit konnten Baden-Württemberg nach Bayern das zweitbeste Ergebnis der FREIEN WÄHLER bundesweit erzielen.

Bestes Landtagswahlergebnis in 2021

Zur baden-württembergischen Landtagswahl am 14. März 2021 trat die FREIE WÄHLER Landesvereinigung Baden-Württemberg in 69 von insgesamt 70 Wahlkreisen mit Direktkandidatinnen und -kandidaten an.[31] Der Gesamtstimmenanteil betrug 3,0 %. Gegenüber den Ergebnissen der Landtagswahl von 2016 konnte ein Plus an Wählerstimmen von insgesamt 2,9 % erzielt werden, womit die FREIEN WÄHLER, bei ihrer zweiten Teilnahme an den Landtagswahlen, den höchsten prozentualen Anstieg an Wählerstimmen aller, bei der Landtagswahl 2021 angetretenen, Parteien hatten.

Der Erfolg bei den Landtagswahlen half den FREIEN WÄHLER auch finanziell. Sie sind seither in der Parteifinanzierung, wodurch sich für die Partei in Baden-Württemberg nun ganz andere Möglichkeiten für Wachstum und politische Partizipation ergeben.

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[1] Waizenegger, Roman: Die Freien Wähler und der Rechtspopulismus, 2013. Hrsg.: Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft, Ludwig-Maximilians-Universität, München. [pdf] in: https://epub.ub.uni-muenchen.de/15267/1/43_Münchener%20Beiträge%20zur%20Politikwissenschaft_Roman%20Waizenegger.pdf [abgerufen am 11.09.2023], S. 26.

[2] https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/handwoerterbuch-politisches-system/202024/freie-waehler/ [abgerufen 11.09.2023].

[3] Waizenegger, Roman: 2013, S. 26-27.

[4] Ebd., S. 27.

[5] https://landesverband.freiewaehler.de/files/2013/02/FWLV-Europawahl-Info-KV-4-2-09.pdf [abgerufen am 08.09.2023].

[6] https://landesverband.freiewaehler.de/files/2010/07/FWLV-Rundschr-1_7_10-Auszug.pdf [abgerufen am 08.09.2023].

[7] Waizenegger, Roman: 2013, S. 26.

[8] Ebd., S. 28.

[9] https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/handwoerterbuch-politisches-system/202024/freie-waehler/ [abgerufen am 08.09.2023].

[10] https://www.badische-zeitung.de/freie-waehler-brauchen-status-um-mitreden-zu-koennen–34396092.html [abgerufen am 08.09.2023].

[11] https://www.guenther-felbinger.de/allgemein/freie-wahler-in-baden-wurttemberg-gehen-getrennte-wege [abgerufen am 08.09.2023].

[12] Protokoll der 1. Vorstandssitzung der FREIE WÄHLER Landesvereinigung Baden-Württemberg vom 08.06.2010.

[13] https://www.badische-zeitung.de/die-freien-waehler-wollen-nach-oben–37274474.html [abgerufen am 08.09.2023].

[14] https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.freie-waehler-bremsen-den-eigenen-vorstand-aus.9ff94f9a-a1f9-434f-8588-692b65a10856.html [abgerufen am 08.09.2023].

[15] https://landesverband.freiewaehler.de/files/2010/07/FWLV-Rundschr-1_7_10-Auszug.pdf [abgerufen am 08.09.2023].

[16] https://www.stimme.de/ueberregional/baden-wuerttemberg/nachrichten/pl/freie-waehler-baden-wuerttemberg-mit-klage-gescheitert-art-1982922 [abgerufen am 08.09.2023].

[17] https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/handwoerterbuch-politisches-system/202024/freie-waehler/ [abgerufen am 08.09.2023].

[18] https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2008-09-28-LT-DE-BY/ [abgerufen am 08.09.2023].

[19] https://www.wahlen.rlp.de/kommunalwahlen/ergebnisse [abgerufen am 08.09.2023].

[20] Waizenegger, Roman: 2013, S. 29.

[21]https://landesverband.freiewaehler.de/files/2023/01/Satzung_Landesverband_2015_Aenderungen_2019_2021_2022_ohneAnhang_E01.pdf [abgerufen 11.09.2023].

[22] https://bnn.de/karlsruhe/freie-waehler-im-landkreis-karlsruhe-aergern-sich-ueber-trittbrettfahrer [abgerufen 11.09.2023].

[23] Waizenegger, Roman: 2013, S. 28.

[24] https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.freie-waehler-bremsen-den-eigenen-vorstand-aus.9ff94f9a-a1f9-434f-8588-692b65a10856.html [abgerufen 11.09.2023].

[25] https://www.statistik-bw.de/Wahlen/Bundestag/02015000.tab?R=LA [abgerufen am 02.08.2021].

[26] https://www.statistik-bw.de/Wahlen/Europa/02025000.tab?R=LA [abgerufen am 02.08.2021].

[27] https://www.statistik-bw.de/Wahlen/Landtag/LRLtW.jsp [abgerufen am 02.08.2021].

[28] https://www.statistik-bw.de/Wahlen/Bundestag/02015000.tab?R=LA [abgerufen am 02.08.2021].

[29] https://freiewaehler-bw.de/wp-content/uploads/2021/08/2017_BTWWahlergebnisse.pdf [abgerufen am 02.08.2021].

[30] https://www.statistik-bw.de/Wahlen/Europa/02025000.tab?R=LA [abgerufen am 02.08.2021].

[31] https://www.statistik-bw.de/Wahlen/Landtag/LRLtW.jsp [abgerufen am 02.08.2021].