Öffentliche Analyse zur Wahl des ersten Landrats der AfD!

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Öffentliche Analyse zur Wahl des ersten Landrats der AfD

Die AfD stellt den ersten Landrat – wie konnte es so weit kommen? Eine Analyse von Marius Maier

Es brauchte genau 3.791 Tagen bis die AfD nach ihrer Gründung (06.02.2013 in Oberursel [1]) zum ersten Mal in ihrer Parteigeschichte einen stellt und damit politische Verantwortung außerhalb der Opposition trägt. Während CDU/CSU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie DIE LINKE sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben möchte ich verstehen, wie es denn dazu kommen konnte.

Liegt es wirklich am Hass, den die AfD Wähler gegenüber etablierten Parteien hegen? Schließlich hat jede zuvor genannte Partei, seit Gründung der AfD, mindestens in einem Landes- oder sogar Bundesparlament Regierungsverantwortung getragen. Dies wäre zwar eine einfache Antwort aber ganz so trivial ist es dann doch nicht. Betrachten wir daher einige Punkte als mögliche Erklärung für den Erfolg bei dieser Wahl genauer:

Stimmenwanderung von SPD/Grünen/Linkspartei zur AfD?

Der Kandidat der AfD vereinte im ersten Wahlgang 46,5% [2] und im zweiten Wahlgang 51,8% der Stimmen auf sich [2]. Hingegen steigerte sich der Kandidat der CDU vom ersten Wahlgang mit 35,5% [2] Stimmanteile im zweiten Wahlgang auf 48,2% [2].
Auf dem ersten Blick betrachtet, könnte man meinen, dass der CDU-Kandidat (Steigerung um 12,7%) deutlich gewonnen hat im Gegensatz zum AfD Kandidaten (Steigerung um 5,3%). Dieser Sachverhalt muss jedoch differenzierter betrachtet werden, da im ersten Wahlgang zwei weitere Kandidaten angetreten sind, welche zusammen 18% [2] erzielt haben. Dieser Stimmenanteil von insgesamt 18% hat sich im zweiten Wahlgang nur zu 12,7% auf den Kandidaten der CDU übertragen. Der AfD gelang es indessen aus den Wählern der SPD sowie Linke/Grünen Kandidaten 5,3% Stimmanteile abzugreifen. Es kann also festgehalten werden, dass die AfD es schaffte, ihren Wahlsieg durch Stimmenwanderung aus dem Rot-Rot-Grünen Spektrum einzufahren. Und das, obwohl diese Parteien explizit für den CDU-Kandidaten im zweiten Wahlgang Werbung gemacht haben.

Vertrauenskrise in die deutsche Politik?

Nur jeder zweite Bundesbürger traut unserer Demokratie [3], wohingegen 67% der Bundesbürger Vertrauen in die Wissenschaft haben [3]. Schaut man sich das Parlament an, so trauen sogar nur 32% der Bundesbürger diesem [3]. Mit 20% erreicht das Vertrauen gegenüber politischen Parteien seinen absoluten Tiefpunkt [3]. Kann man daraus jetzt auf eine Politikverdrossenheit von 80% der Bundesbürger schließen? Ich sage nein, denn schließlich vertraut noch jeder zweite unserem politischen System, der repräsentativen Demokratie. Stellt man sich diesen Sachverhalt grafisch gegenüber, so erkennt man einen eindeutigen Trend.

Je ideologiefreier und faktenorientiert eine Institution ist, desto größer das Vertrauen der Bevölkerung. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Bevölkerung das Interesse an ideologisierten politischen Inhalten verliert. Es handelt sich vielmehr nicht um Politikverdrossenheit, sondern um eine Ideologieverdrossenheit. Hinzu kommen dann immer wieder moralisch fragwürdige Vorfälle aus dem Bundes- bzw. den Landtagen wie Maskendeals, Vetternwirtschaft oder übermäßige Lobbyismus Aktivitäten – welche dann meiner Ansicht nach tatsächlich zu Politik- sowie Systemverdrossenheit führen.

Nicht das Wesentliche aus dem Auge verlieren

Betrachten wir nun ein weiteres – allzu geliebtes Thema, was uns zum letzten Phänomen führt, was ich heute betrachten möchte – das Gendern. Die Bundesrepublik Deutschland beschäftigt 217 Professoren auf dem Gebiet der Gender Studies [5], was bei einer Besoldung der Stufe W2 jährliche Kosten i. H. v. ca. 17,7 Mio. € verursacht [6]. Dabei ist allerdings nur die Grundvergütung abgegolten – Familien- oder sonstige Zuschläge sind noch unberücksichtigt. In der Bevölkerung lehnen jedoch 65% das Gendern ab [7]. Wenn ich mir überlege, dass ich selbst aktuell ca. 55€ Abschlag im Monat für Strom (1 Person im Haushalt) bezahle – das sind bei 11 Abschlagszahlungen 605€ im Jahr – könnte man mit den Geldern aus dem Budget für Gender Studies für ca. 29.200 Personen in Deutschland im selben Zeitraum die Stromrechnung bezahlen. Bedenkt man dann, dass 73% der Bevölkerung Angst vor den steigenden Energiepreisen hat [8] und gleichzeitig im Jahr 2017 ca. 330.000 Haushalten der Strom abgestellt wurde, bin ich der Meinung, dass das Geld für die Forschung an Gendern lieber dafür eingesetzt hätte werden sollen, dass 10 % weniger von einer Stromsperre betroffen sind. Welche Erkenntnis lässt sich daraus für mich ableiten? Für allgemeine Nöte und Ängste (73% haben reelle Angst vor den Energiepreisen) wird mitunter in großem Maße Steuergeld für Maßnahmen budgetiert, welche von einem Großteil der Bevölkerung abgelehnt wird, auch weil sie zu wenig zielgerichtet und nachhaltig sind. Mit der Folge, dass die Bevölkerung sich zunehmend mit den Sorgen des alltäglichen Lebens allein gelassen fühlt. Populisten würden behaupten, mit einer einzigen solcher Aktion könnte man diese 105 direkt von der AfD abgreifen, aber so einfach ist es dann trotzdem nicht.

Was müsste passieren, um das Volk für die Parteien, das Parlament und das System zurückzugewinnen?

Ich möchte eines vorweg nehmen: eine Partei allein kann das Problem nicht lösen – jede Partei des demokratischen Spektrums ist hier in der Pflicht sich für unsere Demokratie einzusetzen. Dazu muss aber auch jede über die eigenen, ideologischen Schatten springen und sich für die Sache an sich einsetzen. Die Parteien müssen endlich wieder zu der im Grundgesetz angedachten Rolle zurückkehren, die da heißt: Volksvertreter sein.

Ohne folgende Maßnahmen wird es jedoch schwierig sein das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen:

  • Unabhängigkeit der Abgeordneten (keine Nebenverdienste für Landtags-, Bundestags- und Europaabgeordnete)
  • Transparentes und ehrliches Lobbyregister, das insbesondere die Leitungsebene des Bundeskanzleramts sowie die Ministerien umfasst (und nicht etwa Staatssekretäre davon ausnimmt)
  • Entscheidungsgrundlagen müssen sach- und lösungsorientiert (und nicht ideologisch motiviert) sein
  • Entscheidungsgrundlagen müssen transparent für die Bevölkerung sein
  • Die alltäglichen Sorgen/der Lebensalltag der Bevölkerung muss endlich Mittelpunkt der Politik sein – und nicht das Kümmern um irgendwelche Randphänomene

Die Rolle der AfD Nun stellt sich jeder schon die Frage – wie verteidige ich hier die AfD? Die Antwort lautet: gar nicht. Nein, die AfD bietet keine Lösung, nein, die AfD setzt sich auch nicht für die fünf davor genannten Punkte ein. Wer das Parteiprogramm der AfD liest, merkt das ziemlich schnell [10]. Das Thema „Rente“ bzw. deren Finanzierung wird nicht einmal erwähnt. Die AfD schafft es aber durch ihr mediales bzw. öffentliche Wirken sich als die wahren Volksvertreter zu positionieren. Dies funktioniert vor allem dadurch, dass man von den etablierten Parteien die fünf Maßnahmen einfordert bzw. bei Nichteinhaltung öffentlich kritisiert.  Selbst hält man es aber damit nicht so genau (siehe Spendenaktivitäten aus der Schweiz oder die Kontakte einiger Funktionäre nach Moskau). Solange aber die demokratischen Parteien nicht über ihren eigenen Schatten springen und endlich an der Sache im Allgemeinen arbeiten, anstatt sich ständig gegenseitig die Schuld zu zuschieben, solange wird die AfD davon profitieren.

Ich für meinen Teil möchte nicht in einem Staat leben, wo in Zukunft eine Partei Regierungsverantwortung trägt, welche in Teilen vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Auch möchte ich nicht in einem Staat leben, wo in Zukunft eine Partei Regierungsverantwortung trägt, in der ein Landesvorsitzender als Faschist bezeichnet werden darf [11].

Ich bin Deutscher und stolz darauf. Wir haben eine der stabilsten Demokratien der Welt. Wir haben einen der ausgeprägtesten Sozial- sowie Rechtsstaat der Welt. Wir haben über Jahrzehnte eine pluralistische und bunte Demokratie erschaffen und eine Wiedervereinigung von zwei komplett konträren Systemen ohne Waffengewalt vollzogen. Darauf dürfen und sollen wir stolz sein – egal welche Nationalität oder Geschlecht im Pass steht. Das muss uns allen auch einmal wieder bewusst werden. Und ich möchte, dass diese Demokratie viele Jahrzehnte noch weiter Bestand hat.

Einigkeit und Recht und Freiheit sind mehr als nur Worte – es sind Worte, welche die Identität dieser Republik abbilden.

Herzlichst,

Marius Maier

Quellen:

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Alternative_f%C3%BCr_Deutschland

[2]https://wahlen.thueringen.de/datenbank/wahl1/wahl.asp?wahlart=LR&wJahr=2023&zeigeErg=GEM&wknr=072&gemnr=72018

[3] https://www.rnd.de/politik/demokratie-in-deutschland-nur-jeder-zweite-deutsche-vertraut-politik-AXGFK77AOJM4MWBIYIHVTOJQUE.html

[4] https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/umfrage-forsa-chef-guellner-warum-die-deutschen-das-vertrauen-in-die-politik-verlieren-id65072336.html

[5] https://www.forschung-und-lehre.de/politik/bundesregierung-setzt-auf-genderforschung-1998#:~:text=Die%20Bundesregierung%20h%C3%A4lt%20die%20Genderforschung,Gender%20Studies%22%20an%20deutschsprachigen%20Hochschulen.

[6] https://www.academics.de/ratgeber/besoldung-beamte-gehalt#subnav_besoldungsordnung_w_professoren_und_professorinnen

[7] https://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/umfragen/aktuell/weiter-vorbehalte-gegen-gendergerechte-sprache/#:~:text=Weiter%20Vorbehalte%20gegen%20gendergerechte%20Sprache&text=Ein%20Viertel%20der%20Befragten%20(26,Medien%20und%20%C3%96ffentlichkeit%20jedoch%20ab.

[8] https://www.wiwo.de/politik/deutschland/inflation-fast-drei-viertel-der-deutschen-haben-angst-vor-steigenden-energiepreisen/28472946.html

[9] https://www.zeit.de/wirtschaft/2017-10/bundesnetzagentur-stromanschluesse-abgestellt-unbezahlte-rechnungen?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

[10] https://www.afd.de/grundsatzprogramm/#5

[11] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-09/afd-bjoern-hoecke-faschist-verwaltungsgericht-meinigen

Besuch im Europarlament in Straßburg

Unser jugendpolitischer Sprecher René Weißenberger zu Gast im Europaparlament

Am 04. April 2023 hat unser jugendpolitischer Sprecher René Weißenberger das Europaparlament in Straßburg besucht und sich dort umgeschaut. Die Tatsache, dass in der Gruppe der unter 30-jährigen EU-Parlamentarier mit 1,8 Prozent unterrepräsentiert sind, sieht er kritisch. „Gerade junge Menschen können gute Inputs geben, weil sie die Zukunft von morgen sind.“

Politischer Stammtisch der Kreisvereinigung Biberach

Jeden 2. Donnerstag im Monat

Der politische Stammtisch der Kreisvereinigung Biberach findet jeden 2. Donnerstag im Monat um 19:00 Uhr im Milchstüble in Bad Schussenried statt. Wer Lust und Zeit hat, ist herzlich eingeladen, sich mit uns vor Ort über aktuelle politische Themen austauschen.