Mein Gott, was wird denn nun aus Winnetou? – eine sehr persönliche Meinung!

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Die Mitteilung des Ravensburger Buchverlages, Winnetou Bücher nicht mehr zu vertreiben, hat mich erschüttert!

Man begründet dies mit zum Teil sehr negativen Tweets und Äußerungen in den Online-Medien. Dabei geht es um das z.Zt. sehr intensiv diskutierte Thema der „kulturellen Aneignung“. Ich halte die Vorgehensweise für skandalös und möchte aus dem persönlichen Erleben meiner Familie – wir hatten über Jahrzehnte einen renommierten Buchverlag (Georg Bitter Verlag) – meine Meinung hierzu äußern:

Zu den Autoren dieses Verlages gehörte die in Ost-Berlin lehrende Wissenschaftlerin Frau Prof. Lieselotte Welskopf-Henrich, die 1979 verstarb und die ich selbst noch im Hause meiner Eltern kennengelernt habe. Frau Prof. Welskopf-Henrich, trat 1946 in die KPD ein. Sie hatte zwei wesentliche Forschungsgebiete: Die Altertumswissenschaft – und die Indianer Nordamerikas, hier insbesondere den Stamm der DAKOTA. Sie führte in den 60er und 70er Jahren zahlreiche Forschungsreisen nach Nordamerika durch und war bei diesem Stamm hoch geachtet. Die Dakota-Indianer gaben ihr den Ehrennamen „Lakota-Tashina“(Schutzdecke der Dakota).

Aus dieser Beschäftigung mit dem Thema ergaben sich eine Reihe von Romanen (z.B. „Stein mit Hörnern“, “Nacht über der Prärie“, „Der siebenstufige Berg“), in denen es u.a. um das Thema Ressentiments und Vorurteile ging und in denen der Indianer Joe King und seine Jugendliebe Queenie eine Hauptrolle spielten.

Soll dies jetzt auch „kulturelle Aneignung“ sein, weil hier zwei Indianer die Hauptrollen spielten? Doch wohl kaum. 

Hier ist aufgrund eigener Recherche bzw. Forschung die Idee zu einer Romantrilogie entstanden, die in entsprechender künstlerischer Freiheit geschrieben wurde. Joe King, der „Held“ der Trilogie, findet nach einer Krise mit seiner Lebensgefährtin Queenie wieder zu dieser zurück. Joe King kämpft leidenschaftlich um die Zukunft seines Stammes im Reservat. In einsam gelegenen Holzhäusern der Indianer, in Gerichtssälen und Büros. Auf der Prärie und im eisigen Alaska spielt die Handlung dieser Romantrilogie, die in beiden Teilen des damalig noch geteilten Deutschlands hohe Auflagen erzielte.

Was in Ravensburg passiert ist, ist nicht nur ein „Shitstorm“ wildgewordener Online-Ritter. Es ist ein massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit, der zu Besorgnis Anlass gibt. Wir erleben momentan einen Kulturkampf neuer Art. Es geht nicht mehr um Religion, um die Frage katholisch oder evangelisch. Es geht um die Freiheit des Denkens und um die Freiheit, dies auch öffentlich zu verbreiten, ohne dass man Nachteile befürchten muss.

Ob eine junge Biologin, die in Berlin am Tag der Wissenschaft an der Humboldt Universität über die Zweigeschlechtlichkeit sprechen wollte und deren Vortrag von der Uni Leitung abgesetzt wurde oder eine völlig ungekannte Band namens „Lauwarm“, die in der Schweiz an der Beendigung eines Konzertes gehindert wurde, weil Bandmitglieder Rastafrisuren trugen, in fast allen Lebensbereichen nehmen Einflussnahmen und massive Beeinträchtigung Andersdenkender bedrohlich zu.

Die Meinungsfreiheit, also Artikel 5 unseres Grundgesetzes, sollte uns sehr wichtig sein. Wir Deutschen sollten allein schon aus unserer politischen Vergangenheit den Grundsatz beherzigen: Principiis obsta – Wehret den Anfängen!

Als Freier Wähler bin ich der Meinung: Jeder hat das Recht, seine Meinung zu äußern, unabhängig ob uns diese passt oder nicht. Toleranz ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie. Staatliche Stellen müssen sich vehement gegen Bevormundung und Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit äußern und wehren. Leider habe ich den Eindruck, dass dies nicht geschieht. 

Ich stelle mir übrigens gerade vor, dass in Japan Aktivisten gegen die Aufführung von Beethovens „Neunter“ auf die Barrikaden gehen und dies als „kulturelle Aneignung“ empfinden, weil Beethoven Europäer war.

Das Verhalten des Ravensburger Buchverlages halte ich für skandalös und würdelos. Es gibt dort im Verlag auch „Sensitivity Reader“, die offensichtlich Texte auf ihre „political Correctness“ lesen sollen. Das klingt ein wenig nach „Denkkontrolle“ in Diktaturen und ist eigentlich eines Ravensburger Verlags unwürdig.

Dr. Georg Bitter